Wesley Sonck
  Neues Interview mit Wesley Sonck vom 05.03.08
 

Nachgereicht - Wesley Sonck


Vor einigen Wochen, quasi schon Monaten, zitierten wir aus einem Interview mit dem Belgier Wesley Sonck. Das Gespräch fand Anfang November 2007 statt und wurde aus dem Niederländischen übersetzt. Viel Spaß bei der Lektüre:

Was überzeugte Dich, bei Club Brügge einen Vertrag zu unterschreiben?

Wesley Sonck:
Ich war erleichtert. Es hat sehr lange gedauert, ohne dass ich in Panik verfiel. Ich kenne nun das Fußballgeschäft und wusste, dass am Ende einer Transferperiode noch viel passieren kann.

AEK Athen, Maccabi Tel Aviv, Club Brügge und Vitesse, es gab viel Rummel um Deine Person. Was gab den Ausschlag?

Wesley Sonck:
Mit Vitesse habe ich gesprochen. AEK Athen unterbreitete mir ein Angebot, allerdings mündlich, auf Papier sah ich es nie. Als ich Brügge meine Zustimmung gab, erhöhte AEK noch einmal das Angebot, aber das Gespräch mit Luc Devroe (Manager/Technischer Direktor von Club Brügge) gefiel mir so gut, dass mein Entschluss fest stand. Vielleicht hätte ich woanders mehr verdienen können, aber für mich zählte das Gesamtpaket.

Spielte die Familie eine Rolle? Immerhin winkte nach sieben Jahren endlich eine Heimkehr…

Wesley Sonck:
Jetzt nicht. Lediglich in der Entscheidung, nicht nach Tel Aviv zu wechseln. Ich kenne Menschen, die sagen, dass es dort momentan ungefährlich ist, trotzdem wollte ich dieses Risiko nicht auf mich nehmen. Ich bin damals mit Ajax aus dem Flugzeug gestiegen (3. November 2004, Champions League gegen Maccabi Tel Aviv) und uns wurde mitgeteilt, dass ein Bombenanschlag geplant wäre. Waffen sichtbar beim Zoll und vor dem Hotel, das wollte ich niemanden antun. Auch, weil es dort gar nicht viel zu verdienen gab. Das wiederum hätte ich in Moskau, bei ZSKA, im Januar bekommen können – das Angebot kam am Dreißigsten, kurz vor Schluss der Transferperiode. Hierbei legte Mönchengladbach jedoch ein Veto ein, Trainer Jupp Heynckes plante mit mir. Zudem verhandelte ich mit RC Genk. Ich wollte für sechs Monate dort spielen, weil ich spürte, dass ich in Deutschland auf der Bank sitzen würde. Aber auch ein Umzug nach Genk kam für den Trainer nicht in Frage. Leider zerschlugen sich seine Pläne schnell, denn kurze Zeit später war er nicht mehr im Amt.

Warum Club Brügge?

Wesley Sonck:
Erstens: Club Brügge spielt um die Spitzenplätze mit. Zweitens: Brügge spielte europäisch (mittlerweile gegen den Norwegischen Verein SK Brann ausgeschieden). Drittens: Ich kann wieder zuhause wohnen. Und viertens: Ich verdiene immer noch sehr gut. Weniger als in Deutschland, aber das wusste ich. Wer nach Belgien zurückkehrt, muss Eingeständnisse machen. Aber ich fand diese Chance so gut, dass ich mit beiden Händen zugreifen musste. Wieder mitspielen um Titel… vor einem Jahr meinte ich noch, Belgien könnte nie eine Möglichkeit sein, da sie preislich nicht mithalten können. Inzwischen ist soviel passiert, dass die Sache anders aussieht. Ich wollte endlich wieder Fußball spielen. Es wurde mir nichts versprochen, das kann nicht sein im Fußball. Es ist hauptsächlich über das sportliche geredet worden und über Motivation. Es stellte sich heraus – und glaube nicht, dass sie hier über nichts Bescheid wissen – Sie fingen schon Signale auf, dass ich mich im Training hervorragend einsetzte. Das bekam ich im Nachhinein bestätigt. Sie besaßen diese Information im Vorfeld.

Deine physischen Test waren herausragend.

Wesley Sonck:
Das ist der Beweis, dass ich in Deutschland echt an mir gearbeitet habe. Nach dem Abstieg mit der Borussia bekam ich in dieser Saison keine Nummer mehr und durfte auch nicht mehr mit dem A-Kader trainieren – lediglich bei den Amateuren. Gegen Ende trainierten die Amateure nur einmal pro Tag. Weil ich bei den Amateuren keine Spielpraxis in Pflichtspielen sammeln durfte, trainierte ich mit Bernd Thijs in Genk noch ein mal pro Tag extra. Waldläufe, Intervallläufe, Ausdauertraining, spezifisches Fußballtraining.

Im Stadion des RC Genk?

Wesley Sonck:
Nein, beim Physiotherapeuten vom Klub, Gert Vandeurzen. Er setzte für uns ein kleines Programm auf, welches wir strikt einhielten. Hätten wir dies nicht durchgezogen, säße ich wohlmöglich noch heute in Mönchengladbach.

Wie schwer war es, als erfahrener Profi bei so blutjungen Amateuren trainieren zu müssen?

Wesley Sonck:
Eigentlich gefiel mir das besser, als ich gedacht hatte - die Jungs nahmen mich sehr gut auf. Sie stiegen zwar in den Zweikampf ein, aber nicht wild und passten auf, dass ich mich nicht verletzte. Einige begriffen einfach nicht, warum ich zu ihnen abbestellt wurde, denn wie in der Saison davor hatte Borussia Probleme, das Tor zu treffen.

Am 9 August wurdest Du 29 Jahre. Wie hast Du gefeiert? Zurückgezogen?

Wesley Sonck:
Ich lief an dem Tag morgens in Genk, um fünf Uhr Nachmittags wurde Mönchengladbach trainiert und abends habe ich mit der Familie und Freunden den Geburtstag in Aachen gefeiert. Im Grossen und Ganzen ein schöner Tag. Weißt Du, keine Rückennummer mehr, nicht mehr trainieren mit dem Kader – was mir alles passiert ist, fand ich auf Dauer einfach zum Lachen. Einige Menschen wären daran zerbrochen, ich nicht. Aber es war das erste Mal in meiner Karriere, dass ich auf Vereinssuche gehen musste.

Gerät man zu schnell in Vergessenheit?

Wesley Sonck:
Ich denke, dass viele Zweifel hatten. Auch hier in Brügge, das war spürbar. Aber das zerschlug sich schnell, als sie meine Test sahen und merkten, dass ich mit nichts Probleme hatte. Keine am Knie, Knöchel oder Hüften. Das einzige, was logischerweise herausstach, war die fehlende Wettkampfpraxis.

Das ist vielleicht der einzige Vorteil, wenn man Einzeltraining absolvierte. Das Verletzungsrisiko ist gering.

Wesley Sonck:
In den letzten Wochen der Transferperiode, als ich von der Interesse an meine Person erfuhr, war meine einzige Sorge: Hoffentlich keine Verletzung! Ich wurde im Training noch vorsichtiger, ging nur nach dem Ball, wenn ich sah, dass keiner in meiner Nähe war. In der letzten Woche war ich verdammt vorsichtig.

Warum klappte es mit dem letzten Trainer, Jos Luhuaky, nicht? Mit einem Niederländer kann man doch ein Gespräch finden…

Wesley Sonck:
Eigentlich kann ich da nur sehr schwer drauf antworten. Als man mich anrief, um mir mitzuteilen, dass ich nicht im A-Kader war, fragte ich, ob wir uns mit allen Beteiligten nicht an einen runden Tisch setzen können, um eine Lösung zu suchen. Jeder war dabei – lediglich der Trainer fehlte. Zweimal haben wir uns getroffen, zweimal erschien er nicht. Seine Trainingseinheiten sind gut, er ist korrekt, eigentlich habe ich wenig zu meckern. Ob seine Entscheidungen immer die richtigen waren – das lasse ich mal offen – denn wenn du fünfzehn Spiele eine Chance bekommst und daraus elf Punkte holst, dann ist das zuwenig. Aber warum er mir keine Chance gab, weiß ich nicht.

„Sonck muss arbeiten“ ließ er in den Medien verlauten, ansonsten steht Sonck nicht in der Mannschaft

Wesley Sonck:
Ach… am Ende der Saison wollte eine Anzahl von Spielern zum Trainer gehen, damit ich in die Mannschaft rutsche. Drei, vier bedeutende Spieler. Ich sagte zu ihnen: Warum denn jetzt noch, das Kind ist schon in den Brunnen gefallen. Ich habe ihnen davon abgeraten, zumal sie alle hätten Schwierigkeiten bekommen können. Das einzige was ich vom Trainer zu hören bekam, war, dass er der Meinung war, meine Einstellung im Spiel gegen Dortmund sei nicht gut gewesen. Ich sagte, mag sein, wenn das seine Meinung ist. Danach versuchte ich etwas zu forcieren, aber es gelang mir nicht. Wir hatten dieses Gespräch in Niederländisch. Er bat mich es in deutscher Sprache fortzusetzen, weil sein Assistent dem Gespräch nicht folgen konnte. Darauf antwortet ich: „Ihr Assistent hat hiermit doch nichts zu tun, wir sind zwei Niederländischsprachige und können doch weiter Niederländisch reden?“. Das wollte er aber nicht und darauf erwiderte ich, dass dann für mich Schluss ist. Habe ich damit etwas Verkehrtes gesagt? Eine Sache weiß ich mittlerweile: Einen Trainer zu überzeugen, ist nicht machbar, schon gar nicht im Ausland.

Es gab auch ein Vorkommnis während des Trainings mit dem Brasilianischen Stürmer Kahê.

Wesley Sonck:
Wir spielten sechs gegen sechs, ich grätsche und komme zu spät. Nicht mit Absicht, aber ich traf ihn ziemlich deutlich, ja. Er stand auf und schrie etwas theatralisch. Du kennst das: „Warum tust Du so etwas?“ Das war es, mehr geschah nicht. Ich bin auch nicht aus der Trainingseinheit geflogen, wie es zum Beispiel die Presse schrieb. Der Trainer war der Meinung, ich habe die Grenze überschritten. Somit beendete ich die letzten Minuten des Trainings mit ein paar Runden um den Platz. Eigentlich ist kaum darüber gesprochen worden, aber von meinem Bruder hörte ich, dass ich geschlagen hätte. Dies bestreite ich vehement. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie jemanden geschlagen.

Stimmt es, dass Du die beste Leistung unter Trainer abrufst, die viel mit Dir reden?

Wesley Sonck:
Ich hatte wenige Trainer, die viel mit mir geredet haben.

Der ehemalige Nationaltrainer von Belgien, Aimé Antheunis hatte eine enge Beziehung zu seinen Spielern, Sef Vergoossen, Dein Trainer bei RC Genk, auch. Hier war Deine Leistung top.

Wesley Sonck:
Ich denke, ich gab den Menschen auch viel zurück. Trainer Daniel Renders hat mich bei meinem ersten Club RWDM gebracht, ihm zahlte ich das Maximale zurück. Unter Franky Van der Elst bei Germinal Beerschot Antwerpen musste ich auf meine Chance warten, aber als es glückte, gab ich ihm das Vertrauen ebenfalls zurück. Unter Johan Boskamp lief es bei RC Genk nicht gut, im Nachhinein wussten wir warum. Selbst in meinem ersten Jahr bei Ajax lief es ordentlich, zumindest empfinde ich es so. In Deutschland spürte ich dieses Vertrauen selten. Man ließ mich spielen, aber wenn ich im ersten und zweiten Punktspiel nicht traf, ließ man mich im Dritten draußen. Es ist praktisch unmöglich, in jedem Spiel zu treffen.

Dein Stürmer-Kollege Oliver Neuville machte ebenfalls wenig Tore, spielte jedoch in der Nationalelf.

Wesley Sonck:
Ollie… Wisst Ihr, dass er eine Strafe bekam, als er mich öffentlich verteidigte? Es gab einige Jungs, die nicht alles gaben, aber trotzdem spielten. Die Presse wollte Schlagzeilen von mir und fragte Neuville, ob ich genauso wäre. „Nein“ sagte Ollie, „das stimmt überhaupt nicht“. Daraufhin bekam er eine Strafe. Das meine ich – ich konnte nichts dran ändern.

Welches Bild hast Du von Deutschland gewonnen?

Wesley Sonck:
Es ist nicht einfach dort erfolgreich zu sein, vor allem, wenn Du bei einem kleinen Klub spielst. Fußballspielen ist dort schwer. Es gab Spiele, die nicht anzusehen waren, auch der Fußball der Spitzenteams nicht. Aber Einsatz gibt es immer, von der ersten bis zur letzten Minute. Angreifer bekommen in Deutschland pro Spiel keine zwei Chancen. Eine, oder eine halbe. Am Anfang ging es noch gut, fand ich zumindest. Unter Dick Advocaat, dem Trainer, der mich zur Borussia holte. Als Horst Köppel übernahm, ließ er der Truppe einen guten Fußball spielen. Wir wurden Zehnter. Nur hatte ich gerade in dieser Zeit Pech mit Verletzungen, unter anderem zwei gebrochenen Rippen. Da stehst du zwei Mal jeweils sechs Wochen an der Seite. Schließlich durfte ich unter Horst Köppel in der Rückrunde noch in zehn oder elf Spielen in der Startformation antreten. Danach kam Jupp Heynckes. Ziemlich übertrieben, was dieser Mann von seinen Spielern verlangte. In der Vorbereitung mussten wir um 8:45 Uhr auf dem Gelände sein, um 10 Uhr begann das Training, dann essen, in den Bus hinein, zum Hotel zu fahren, schlafen und um 17 Uhr das nächste Training. Irgendwann um 20 Uhr waren wir zuhause. Jeden Tag. Als dann endlich die Saison losging, war Schluss mit diesem strammen Programm. wobei er dir einmal pro Woche garantiert noch so ein Tagesablauf servierte. Selbst jemand wie Kasey Keller, der jahrelang in England viel erlebt hatte und schon 36 Jahre alt war, fand dies sonderbar. Aber Heynckes war so autoritär, da konnte man nicht dran rütteln.

 
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